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Wenn einer spielt wie 'ne Sechs-Mann-Band

Blues vS. "Blue-er" Himmel

Geballte Blues-Power in der Mediathek Oberkirch. Die Familienkonzertreihe "Musik. Erleben. Verstehen" eröffnet bei strahlendem Oktoberwetter in Oberkirch die Saison 2017/2018 mit Blues-Musiker Biber Herrmann.

"Was man hier in einer Stunde komprimiert über Blues erfahren kann ist toll", so ein Konzertbesucher, "wüßte nicht, wo man ähnliches erleben kann."  Das Konzert - ein Mix aus Konzert zum Zuhören und Mitmachen - bringt das Publikum am Ende sogar zum Tanzen.

 

Leider waren nicht so viel gekommen, wie erhofft. Der goldene Oktober mit hochsommerlichen Temperaturen und stahlblauem Himmel lockte ins Freie, doch einige, vor allem Stammhörer, widerstanden dem prächtigen Angebot von Mutter Natur und wählten die Musik. Sie wurden nicht enttäuscht.

 

Der Blues hat wie kaum ein anderer Musikstil unsere heutige Musik beeinflußt, ob Jazz, Pop, Rock oder Rap, die Wurzeln liegen im Blues. Das Eröffnungskonzert in Oberkirch geht dieser mitreißenden und hochemotionalen Musik auf den Grund.

 

Biber Herrmann gilt als einer der authentischsten und wichtigsten Folk-Blues-Musiker unserer Tage. Er zeigt wie er allein mit einem Grundbeat im linken Fuß, Baßlinien, speziellen Gitarren-Schlag- und Picking-Techniken, Mundharmonika und Gesang den Klang und die Komplexität einer Sechs-Mann-Band erzeugt.


Augen zu und du bist in den US-Südstaaten der 1920er

Wir tauchen in eine andere Welt ein. Blues hat Kraft, Wucht, er ist direkt, mit einem zwingenden Rhythmus, dem man sich nicht entziehen kann. Biber Herrmann zeigt anhand verschiedenen Gitarrentypen, Spielweisen, Gitarren-Stimmungen wie man ihn spielen kann. Er gibt Einblicke in seine Vielfalt der letzten hundert Jahre, sein Wesen, aber auch seine sehr unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten. Höhepunkt: Biber Herrmanns Resonatorengitarre aus dem Jahr 1925 - mit Biss und ohne elektronische Verstärkung: echt kraftvoll. - Das ist schnörkelloser Blues - at his best, mit einer Menge Effekte, Manches zum Schmunzeln, aber auch von einer Intensität, die echt an die Nieren geht. Augen zu und du denkst, du bist in den US-Südstaaten der 1920er.

Was du einmal selbst ausprobiert hast, bleibt dir später besser in Erinnerung

Wow, das Publikum stampft den Beat mit, klatscht auf die Zwei und Vier der Taktzählzeiten und das Call- und Response-Prinzip - typisch für die Arbeitslieder der Sklaven auf den Baumwollfeldern - imitiert das Publikum gemeinschaftlich. Biber Herrmann führt an (Call), das Publikum stimmt als "Feldheuler" mit ein (Response). Da kommt Stimmung und Gruppen-Feeling auf. Das bleibt irgendwie hängen. Ich habe am nächsten Tag noch die Ohrwürmer im Kopf. Blues hat so etwas, was ganz tief rein geht.

 

Um die Hörerlebnisse mit und ohne elektronische Verstärkung optimal nachvollziehbar zu machen, bereitet Biber Herrmann alles akribisch vor. Im Soundcheck, wird im Vorfeld alles auf Wirkung geprüft. Gitarren, Aussteuerung, Raumakustik ...

 

... Nachdem alles passt, streift der "Bluesman" im Konzert historische Hintergründe, plaudert aus dem Nähkästchen, wie er selbst komponiert und führt mit Metallröhren auf dem Griffbrett (früher waren es wohl Flaschenhälse) und virtuoser Griffkunst in die Effekte des Blues-Spiels ein, dazu seine Stimme - wandelbar, kraftvoll, erdig, mit Seele. Ob Ballade, virtuose Speed-Versionen, Gospels als Ursprungsquelle des Blues bis hin zu heutigen Musikstücken. Die Bandbreite des Blues ist enorm und Biber Herrmann hat alle Schattierungen drauf. Das Publikum begeistert, mit viel Applaus für den Künstler und am Ende gehen alle wieder raus: in den goldenen Oktober. Yeah!

Nachlese

Als ich die sieben Stunden wieder ins Aufnahmestudio nach Chemnitz zurück gefahren bin, hatte ich Zeit alles nochmal zu durchdenken. Das war ein spezielles Konzertformat. Ich habe bei so etwas noch nicht mitgewirkt. Aber das Publikum und vor allem die Kids waren gut drauf. Und Simon Moser hat gut gefragt, da hat das Eine das Andere ergeben und am Ende hatten wir einen wirklich ziemlich intensiven Rundumschlag in Sachen Blues. Und ich musste auch die eigenen Erfahrungen und Positionen reflektieren, hat Spaß gemacht, hätte gut auch noch ein Stündchen länger dauern können. Aber ohne Frage gegen dieses phänomenale Oktober-Wochenende konnten wir trotz packenden Programms kaum "anstinken". Ich fand auch die Gespräche nach dem Konzert prima. Da sind extra Musiker gekommen, um sich auszutauschen, hat mich überrascht, war schön, good luck für die Zukunft.

Biber Herrmann


Für alle Biber-Fans

Biber Herrmann ist ein sehr gefragter Blues-Künstler und  viel unterwegs. Wer Oberkirch verpasst hat und ihn dennoch erleben möchte,  der findet seine aktuellen Tourdaten, Wissenswertes über seine Projekte, Workshops oder die Möglichkeiten, seinen Newsletter zu bestellen  HIER

 


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